Apache Trail

Holprige Traumstraße – Der Apache Trail in Arizona. Eine Panoramastraße, die alles in sich vereint, was Hollywood über die vergangenen 100 Jahren hinweg als Image vom wilden Westen in unser kollektives Filmgedächtnis brannte. Alten Indianerpfaden folgend entführen uns 40 malerische, bisweilen auch abenteuerliche Meilen tief in die Berge und Schluchten der Superstition Wilderness. Vorbei an Goldminen, Geisterstädten, Stauseen und Filmkulissen wird der Weg ganz schnell zum Ziel, und Arizonas Pioniergeschichte zum ständigen Begleiter.

Highway 88, besser bekannt als Apache Trail, ist die erste offiziell als „historisch bedeutsam“ anerkannte Straße des Grand-Canyon-Staates und eignet sich perfekt für einen Tagesausflug mit der ganzen Familie, ohne dabei lange Zeit im Auto zu verbringen. Unterwegs sorgen verschiedene Stopps und Attraktionen schon für originelle Unterhaltung.

Dass wir heutzutage diesen atemberaubenden Teil der Sonora Wüste bequem mit dem Auto besuchen können, haben wir dem Bau des Roosevelt Dammes am nördlichen Ende des Salt River Canyons zu verdanken. Ende des 19. Jahrhunderts war es notwendig, den Salt River zu zähmen und die flussabwärts gelegenen Siedlungen, Ranches und Höfe vor den wiederkehrenden, saisonalen Überflutungen zu schützen. Um jedoch Arbeiter, Material und Maschinerie zur designierten Damm-Baustelle transportieren zu können, musste zunächst eine Straße vom nächstgelegenen Bahnhof in Mesa gebaut werden. Hierbei folgte man größtenteils einem bereits existierenden Fußpfad, welcher der US Army, den Siedlern und Viehzüchtern der Gegend, in Anlehnung an zwei kriegerische Indianerstämme, als Tonto Trail oder Yavapai Trail bekannt war. Erst nach der Fertigstellung des Dammes 1911 wurde die neuentstandene Touristenroute, welche exklusiv mittels der Southern Pacific Railroad erreicht werden konnte, von der Eisenbahngesellschaft zwecks Wiedererkennungswert und Vermarktung ausschließlich als „Apache Trail“ beworben.

Apache Trail - Roosevelt Dam Bridge
© Al_HikesAZ_cc commons

Doch schon lange vor dem Bau des Dammes diente der beschwerliche und gefährliche Weg durch die Superstition Wilderness als wichtige Migrations-, Handels- und auch Kriegsroute der regionalen Stämme. 1000 Jahre zuvor nutzten sie die Salado Indianer, die als Halbnomaden zwischen ihren kühlen Sommerlagern auf der Tonto Hochebene und den milden Winterquartieren in den tiefergelegenen Wüstentälern wechselten. Dort hatten ihre freundlich gesinnten Handelspartner, die Hohokam, bereits das größte Bewässerungs- und Kanalsystem in Nordamerika gebaut, welches eine Zivilisation von mehreren zehntausend Menschen versorgte.

Nach der Abwanderung der großen Ur-Pueblokulturen zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, machten sich Überfallkommandos der Yavapai und Apachen – die neuen Hausherren in Zentral- und Südarizona – die Schlucht des Salt Rivers als Trasse zu Nutze, und zogen gegen die stromabwärts gelegenen Dörfer der Akimel O’Otham (das sog. Flussvolk, ehemals Pima). Als zumeist sesshafte, Landwirtschaft betreibende Kultur, waren die Pima den Übergriffen und Guerrillataktiken der beiden Nomadenstämme oft wehrlos ausgeliefert.

Hilfe erreichte die Flussindianer erst mit der Etablierung permanenter US-Army Forts in den 1860er Jahren, als sich die Aufmerksamkeit der Regierung nach dem Ende des Bürgerkrieges zunehmend auf die Verfolgung und Deportation rebellischer Indianer richtete. An strategisch wichtigen Punkten errichtet, dienten die Militärstützpunkte zunächst primär zur Sicherung der Versorgungswege, Postkutschenlinien und Siedlungen. Für die nächsten 30 Jahre waren sie jedoch auch Ausgangspunkte der berüchtigten Feldzüge gegen einheimische Volksgruppen, bekannt als die Apachenkriege.

Apache Trail - Superstition Mountains
© AZ Tourism/Mike Mulvahill

Beginnend in Apache Junction, etwa 45 Autominuten östlich von Phoenix, dauert es nicht lange bis wir von Agaven, Palo Verde Bäumen und haushohen Saguaro Kakteen umgeben sind. Untrügliche Merkmale der Wüste Sonora, die vielfältigste und artenreichste in Nordamerika. Nicht lange, und rechter Hand erscheint das Superstition Mountain Museum. Genau der richtige erste Halt, um einzutauchen in die lokalen Mythen und Legenden. Schnell wird klar, dass es in den Superstition Mountains, eine Bergkette, welche der Apache Trail gleich zu Beginn tangiert, immer schon ums Gold ging. Von den spanischen Eroberern im 16. Jahrhundert auf der Suche nach den „Sieben Städten von Cibola“, über Jesuiten, die 200 Jahre später hier einen großen Schatz versteckt haben sollen, zu den mexikanischen Goldschürfern, die nur ein paar Meilen entfernt 1848 von Apachen überrascht und getötet wurden.

Apachen waren übrigens, wenn auch nur indirekt, für die Benennung der Superstition Mountains verantwortlich. Ihr Aberglaube (Superstition), dass durch seismische Aktivitäten verursachtes Grollen und Krachen auf den Gott des Donners zurückzuführen sei, verhalf dem Vulkangebirge zu seinem Namen.

Keine Legende erfreut sich jedoch größerer Popularität und Medienaufmerksamkeit als die der Lost Dutchman Gold Mine. Eine im Labyrinth der schroffen Felsen und steilen Schluchten verloren geglaubte Goldader, deren genaue Lage besagter Dutchman, Jacob Waltz, der Nachwelt nur in Rätseln und in Versform hinterließ. Obwohl sein Spitzname vermuten lässt, dass Waltz ursprünglich Holländer war, so stammte er tatsächlich aus dem württembergischen Oberschwandorf. Die Ähnlichkeit von „Deutsch“ und „Dutch“ wurde hier seiner eigentlichen Herkunft zum Verhängnis. Das Museum widmet ihm und seiner Geschichte eine eigene kleine Ausstellung, inklusiver vermeintlicher Schatzkarten. Aber auch das Außenareal des Museums bietet ein paar kuriose Exponate, wie z.B. die Elvis-Kapelle, eine Filmkulisse aus dem Western „Charro!“.

Apache Trail Arizona
© Visit Mesa

Weiter geht es auf dem Apache Trail nach Tortilla Flat, „the town too tough to die“ (der Ort zu zäh zum Sterben). Du kennst den Slogan sicher von Tombstone her. Offensichtlich hat sich Tortilla Flat das auch zu eigen gemacht; er passt fast noch besser hierher. Weder Abgelegenheit, noch Flut noch Feuer konnten der mit 6 Einwohnern kleinsten Ortschaft Arizonas – mit eigenem Postamt und Wahlbezirk – ernsthaft etwas zusetzen. Eine weltweite Fangemeinde stand mit Spenden, Arbeitskraft und Werkzeugen jedes Mal zum Wiederaufbau des ehemaligen Cowboycamps bereit. Heute ist Tortilla Flat ein uriger und beliebter Zwischenstopp für ein gutes hausgemachtes Chili con Carne, oder die berühmte Prickley-Pear-Eiskrem aus dem General Store, eine regionale Spezialität aus den Früchten des Feigenkaktus.

So berühmt diese Traumstraße für ihre landschaftliche Schönheit auch ist, so berüchtigt ist sie aber auch sobald der Asphalt auf halber Strecke (kurz nach Tortilla Flat) endet. Die verbleibenden kurvenreichen 35 Kilometer sind ein Mix aus Waschbrettpiste, Sand und Schlaglöchern. Dieser Abschnitt erfordert erhöhte Aufmerksamkeit vom Fahrer und ist für Wohnmobile und Kfz mit geringer Bodenfreiheit nicht geeignet. Besonders die schmalen, ungesicherten Serpentinen den Fish Creek Hill hinunter sind mit 10% Gefälle nichts für schwache Nerven oder Führerscheinneulinge. Speziell während oder nach Regenfällen ist dieses „Off-Road-Erlebnis“ gänzlich zu vermeiden. Schlamm macht die Schotterstraße schnell unbefahrbar und Sturzfluten können Reisende über mehrere Stunden am Weiterkommen hindern.

Wer auf den Nervenkitzel am Fish Creek Hill verzichten kann und nicht noch eine Stunde bis zum Roosevelt Damm durchgeschüttelt werden möchte, der wendet sich nach einer Stärkung im Superstition Saloon Tortilla Flat wieder gen Westen. Nach kaum 5 Minuten Fahrt wartet schon die nächste Attraktion auf uns. Das (dieselbetriebene) Dolly Steamboat lädt zu einer 90-minütigen Rundfahrt auf dem malerischen Canyon Lake ein, einem der 4 Stauseen, die vom Salt River gespeist werden. Umgeben von Tafelbergen, steilen Klippen und spektakulärer Wüstenszenerie sind Sichtungen von Dickhornschafen, Rehen, Coyoten und sogar Weißkopf-Seeadlern keine Seltenheit. Captain und Crew sind darauf geeicht Wildtiere während der Fahrt auszumachen und melden ihre Beobachtungen über den Lautsprecher weiter.

Canyon Lake
© AZ Tourism/Mike Mulvahill

Was könnte einen passenderen Abschluss zu einem Tag im wilden Westen bilden, als der Besuch einer wiederbelebten Geisterstadt? Goldfield Ghost Town ist eine liebevoll, nach alten Fotografien und Aufzeichnungen rekonstruierte Goldgräberstadt und liegt zu Beginn des Apache Trails direkt am Highway 88, ein paar Meilen nach Apache Junction. Der ursprünglichen Gemeinde Goldfield ereilte in den 1890er Jahren das gleiche Schicksal wie fast allen Boomtowns die aus der Suche nach Edelmetallen geboren wurden. Sobald sich die Goldvorkommen erschöpften, oder die Qualität des geförderten Erzes beträchtlich sank, wurden die Minen aufgegeben, die Menschen zogen weiter. Aufgrund des Mangels an Holz als Baumaterial in den Wüsten des amerikanischen Westens hieß das oftmals, dass auch komplette Gebäude abgebaut, verfrachtet und andernorts wiederaufgebaut wurden. Heute in Privatbesitz, ist Goldfield Ghost Town auf familienfreundliche Unterhaltung zugeschnitten. Eine kommentierte Fahrt mit Arizonas einziger Schmalspureisenbahn vermittelt einen guten Überblick über das Gelände, bevor sich Besucher auf einem Ausritt oder beim „Goldwaschen“ versuchen können. Eine Minenschachttour, Zip Line, Shooting Gallery für Kinder, ein Reptilienzoo und diverse Geschäfte und Restaurants sind nur ein paar der Optionen, die zum Verweilen einladen. Am Wochenende aber kracht es sogar in Goldfield. Dann füllen sich die staubigen Straßen mit Darstellern und Stuntleuten in Westernoutfits, die stündlich auch ihre Colts rauchen lassen.

Goldfield Ghost Town
© Visit Mesa

So kommst Du zum Apache Trail:

Vom Großraum Phoenix aus US Highway 60 Richtung Osten bis Apache Junction. Dort vom Freeway abfahren und der Beschilderung zum AZ Highway 88 (= Apache Trail) folgen. Der nächstgelegene größere Flughafen ist Phoenix Sky Harbor.  Dorthin gibt es 3x wöchentlich Non-Stopp Flüge ab Frankfurt mit Condor.  Von Phoenix aus sind es knapp 32 Meilen (ca. 50 km) oder ca. 40 Minuten Fahrtzeit.

Superstition Mountain Museum
4087 East Apache Trail, AZ-88, Apache Junction, AZ 85119
Tel: 480-983-4888 * http://superstitionmountainmuseum.org
Täglich geöffnet von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene $7; Senioren: $6; Kinder unter 10 Jahre gratis

Tortilla Flat
1 Main Street, Tortilla Flat, AZ 85190
Tel: 480-984-1776 * http://www.tortillaflataz.com
Unterschiedliche Öffnungszeiten für Sommer und Winter

Dolly Steamboat
16802 AZ-88, Tortilla Flat, AZ 85117
Tel: 480-827-9144 * https://dollysteamboat.com
Verschiedene Rundfahrten und Abfahrtszeiten

Goldfield Ghost Town
4650 N. Mammoth Mine Rd, Apache Junction, AZ 85119
Tel: 480-983-0333 * http://goldfieldghosttown.com
Attraktionen täglich geöffnet von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr


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